Als Kind
Radeln mochte ich schon im Kindesalter. Als ich zu meiner Kommunion mein erstes, eigenes Fahrrad (ein MTB mit Stahlfederung und Hörnchenlenker, der letzte Schrei damals) aussuchen durfte, brachte man mich davon gar nicht mehr runter. Das ging sogar so weit, dass ich noch vor dem zur Schule gehen in unserer Hofeinfahrt (die ca. 3m auf 6m maß) eine halbe Stunde um den Kreis gefahren bin und dafür extra früher aufstand.
Überhaupt bin ich in einer sehr ländlichen Gegend aufgewachsen. Außer dem Schulbus hatten wir keine öffentlichen Verkehrsmittel und Zugfahrten waren etwas so außergewöhnliches, dass wir schon Tags zuvor vor Aufregung nicht mehr schlafen konnten.
Entsprechend kam dem Radl eine immense Bedeutung für unseren Alltag zu, war es doch die einzige Möglichkeit, unabhängig von den Eltern woanders hinzugelangen. Sei es zu Freunden, dem Fußballtraining oder zum Kramerladen im nächsten Ort. Das Fahrrad war gleichbedeutend mit Freiheit und mit zunehmendem Alter wuchsen dabei auch die zurückgelegten Distanzen. So fuhren wir als Jugendliche für eine Kiste Bier schon mal gut und gerne in den 15 km entfernten Nachbarort oder radelten zu Partys, die sich im Umkreis von 30km befanden (auch wenn es der Gelfrisur nicht gut tat). Doch so schön diese Zeit auch war, als der erste in unserer Clique dann seinen Führerschein in der Tasche hatte, war es schlagartig vorbei und die Räder verstaubten von nun an im Keller.
10 Jahre später
Es dauerte eine ganze Weile, bis sich der Weg des Zweirads mit dem meinen wieder kreuzte. Das geschah, als ich beruflich als Expat in den Staaten arbeiten durfte und es ein wenig (ein dehnbarer Begriff) übersah, auf meine Ernährung zu achten. Ich kann mich noch sehr gut an den Moment erinnern, als mich ein Freund und Kollege dort besuchte und einen Lachkrampf bekam, weil er meinte, ich sehe aus wie Peter Griffin von Family Guy.
Autsch! Aber er hatte ja Recht, irgendwie spannte das T-Shirt und mein Gesicht war fast doppelt so groß geworden.
Also entschied ich mich dazu Sport zu machen, kaufte mir ein Fitnessbike und die alte Liebe zum Radfahren flammte neu auf. Von dort an fuhr ich so gut wie alles mit Rad, genauso wie ich es früher tat. Was mir neben vielen skeptischen Blicken auf den Straßen (Radfahrer waren dort genauso selten wie Motoren mit weniger als 6 Zylindern) auch einen völlig überforderten Pförtner in der Arbeit einbrachte, als ich ihn fragte wo es denn hier einen Fahrradständer gäbe.
Eine große Stütze während der Pandemie
Die Freude an meinem Rad blieb zum Glück auch bei meiner Rückkehr nach Deutschland bestehen, als ich dort vom Zoll erfuhr, dass auf Fahrräder der Höchstzollsatz von 14 Prozent gelte😬.
Aber das Positive überwog, denn das Rad war wieder fester Bestandteil meines Alltags und in der Freizeit geworden und half mir enorm, als ein halbes Jahr später die Corona Pandemie ausbrach.
Während in dieser Zeit vieles im Alltag durch Lockdown, Verbote und Atteste eingeschränkt war, das Radeln war es nicht. Und so fing ich neben ausgiebig langen Feierabendtouren auch damit an, quer durch Europa zu radeln.
Ich glaube letztendlich ist es dieses Freiheitheitsgefühl, das mich beim Radfahren so sehr in den Bann zieht. Das Gefühl der Grenzenlosigkeit, überall damit hinzukommen, limitiert nur durch seine eigenen körperlichen Fähigkeiten. Dabei mit allen Sinnen die Natur, den Wind und die Umgebung wahrnehmen zu können und das Hochgefühl am Ende, wenn man sich sein gestecktes Ziel erfüllen oder einen Pass erklimmen konnte.
Schlicht – Fahrradfahren ist für mich die vollkommenste Art der Mobilität und zu meiner größten Leidenschaft geworden.